Gottfried Tschöp:
Krumbach an der Grenze – Bericht über einen „ausgefallenen“ Grenzgang
Als Ausgangspunkt des Grenzgangs, der im Uhrzeigersinn rund um die ehemaligen Gemarkungsgrenzen führen soll, ist die Mehrzweckhalle oberhalb des Friedhofes gewählt, von wo aus der Weg leicht
bergauf steigend dem „Pfaffenpfad“ bis auf die Höhe folgt, wo sich rechts der Zugang zum Wilsberg befindet. Dieser Weg weist auf eine Jahrhunderte alte, fußläufig zu bewältigende Entfernung zwischen den
beiden im alten Kirchspiel Krumbach liegenden Orten Krumbach und Frankenbach hin.
Seit 1325 amtiert in Krumbach nachweislich ein Geistlicher, 1483 existiert hier eine Pfarrkirche, die das Patrozinium Maria Magdalena trägt. 1432 hat das Haus Solms das Patronat inne, der Solmser Graf ist also deren Kirchenherr. Seit dem 15. Jahrhundert ist Krumbach Sitz eines Sendbezirkes (Kirchspiel) in vorreformatorischer Zeit, Frankenbach eine ihm zugeordnete Filialkirche.
Das Krumbacher Kirchspiel liegt an der äußersten Grenze des Trierer Bistumsgebietes. Das nördlicher gelegene Kirchvers gehört schon zum Mainzer Sprengel.
Infolge der Reformation ab 1526 wurden Krumbach und Frankenbach pfarramtlich miteinander verbunden.
1546 ist ein erster evangelischer Pfarrer für beide Orte namens „Hermann“ bezeugt.
Es ist somit nicht verwunderlich, dass der
Anteil von Pfarrwald (zum Unterhalt des
Pfarrers und seiner Familie) und des
Kirchenwaldes (für die Bedürfnisse der Kirche selbst) im Bereich Wilsberg und
dem südlich gegenüberliegenden
Pfaffenberg einerseits sowie östlich sich
erstreckenden Heiligenwald am
Krumbacher Wald mit etwa 50 Hektar im
heutigen Revier Biebertal (Stand 2010)
nicht gerade gering ausfällt.
Krumbach war eine durchaus gut dotierte Pfarrstelle, wenngleich der hier residierende Pfarrer,
wie alle Untertanen, seinem Kirchenherrn zehntpflichtig war. Lediglich ein kleines Flurstück unterhalb des Pfaffenbergs blieb „zehntfrei“.
Die Bedeutung des Waldes als Ressource und Einnahmequelle kann in den knapp 1000 Jahren vor Beginn der Industrialisierung in unserer Region trotz eines gewissen Umdenkens in unserer Zeit kaum überschätzt werden. Obwohl die Menschen in den Dörfern nur im Bereich der Allmende, des in Gemeinbesitz befindlichen Waldes, darüber verfügen konnten, muss Krumbach spätestens seit dem 15. Jahrhundert ein durchaus „reicher“ Ort gewesen sein, wie folgende Indizien zur Dorfgeschichte belegen.
Nach dem Zerfall der alten Grafschaft Gleiberg im 12. Jahrhundert gingen die heutigen Biebertaler Ortsteile infolge Teilungen und Erbstreitigkeiten unterschiedliche Wege.
Während u.a. Rodheim und Fellingshausen bis 1585 zum „gemeinen Land an der Lahn“ gehörten, einem in Gemeinschaftsbesitz befindlichen Teilgebiet, kamen die nördlich des Dünsbergs gelegenen Dörfer wie
Krumbach, Frankenbach und Königsberg unter solmsische Herrschaft.
1354 übertragen die Solmser Krumbach und das oberhalb von Gladenbach gelegene Günterod anlässlich der Vermählung der Grete von Solms mit Kuno von Dernbach an diesen. Dieser verpfändet seinen quasi als Mitgift erhaltenen Besitz für 1000 rheinische Gulden aus Geldmangel an den Landgrafen von Hessen.
1358 bis 1443 sind beide Dörfer demnach landgräfliche Lehen derer von Dernbach. Ob Krumbach wieder ausgelöst wurde, ist unklar.
Sicher ist dagegen, dass das Dorf in dieser Zeit dem hessischen Amt Blankenstein (ehemaliges Untergericht Gladenbach) zugeordnet wurde, bei dem es bis zur Auflösung der Ämter 1821 verblieb.
Krumbach stellte demnach eine südliche Exklave des Amtes Blankenstein im Gegensatz zu seinem engsten Nachbarn Frankenbach dar, das wie Königsberg Teil des Amtes Königsberg wurde und blieb.
Es zeichnet sich erkennbar ein Krumbacher Sonderweg ab, mussten sich doch die hier lebenden Menschen in Rechts- und Verwaltungsangelegenheiten immer an das entfernte Gladenbach wenden und waren n bei Gefahr nicht selten allein auf sich gestellt.